„Deshalb: Anarchafeminismus!“ Redebeitrag zum feministischen Kampftag, 08.03.23

Wir sind ana*m, eine anarchafeministische Gruppe aus Marburg.
Wir sind heute hier, um mit euch für eine Welt ohne das scheisz Patriarchat zu kämpfen!

Die Anfänge des internationalen feministischen Kampftags liegen über 100 Jahre zurück. Die erste Inspiration dazu kam von nordamerikanischen Sozialistinnen. Dass wir heute den feministischen Kampftag begehen, geht dann zurück auf die Kommunistinnen Clara Zetkin, Käthe Duncker und ihre Genossinnen. Auf ihren Vorschlag hin wurde ein internationaler Frauentag auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz 1910 eingeführt. Im Kampf für Gleichberechtigung und Frauenwahlrecht stand für sie von Anfang an fest, dass es für einen sozialistischen, revolutionären Feminismus eine gesamtgesellschaftliche Perspektive braucht. Die Wahl des Datums geht auf Arbeiterinnen und Bäuerinnen in Petrograd zurück, die 1917 streikten und gemeinsam mit Frauen der Soldaten demonstrierten. Sie forderten das Ende der Mangelversorgung und des 1. Weltkriegs. Damit spielten sie eine Entscheidende Rolle für den Beginn der Februarrevolution, die die russische Zarenherrschaft beendete. In diesen historischen Anfängen war eine revolutionäre, antikapitalistische Perspektive also bereits Teil feministischer Kämpfe!

Auch wir sind der Überzeugung: Ohne den Kapitalismus anzurühren, werden wir das Patriarchat nicht überwinden! Denn wir wissen genau so gut wie ihr, dass es mit der Erreichung des Frauenwahlrechts, mit weiblichen CEOs, Ex-Kanzlerinnen und Premierministerinnen nicht getan ist um die feministische Emanzipation!

Der Kapitalismus in seiner Verwobenheit mit Patriarchat und Rassismus teilt menschliche Arbeit in Produktions- und Reproduktionsarbeit auf und teilt diese binär konstruierten Geschlechtern zu. Die weiblich konnotierte Reproduktions- bzw. Carearbeit wird hierbei abgewertet und gar nicht oder schlecht bezahlt. Oft wird sie an migrantische Arbeiter*innen delegiert, unter Ausnutzung ihrer prekären Situation. Damit weiße bürgerliche Frauen einen DAX-Konzern leiten dürfen? Pah! Das ist nicht unser Feminismus und nicht das, wofür wir heute hier gemeinsam kämpfen! Genau deshalb ist es notwendig, die Unterdrückungs- und Ausbeutungsverhältnisse als ineinander verwoben zu analysieren und zusammen zu bekämpfen.

Man könnte meinen, der 8. März habe seine einstige Radikalität gänzlich einbüßen müssen und sei komplett zu einem bürgerlichen „Frauen-Feiertag“ verkommen, bei all den städtischen Veranstaltungen, den Events von Firmen, dem für den heutigen Tag ach so progressiv veränderten Google-Logo. Ein bürgerlicher Feiertag, fast so wie der Muttertag – der übrigens von den Nazis als völkische Alternative zum sozialistisch-feministischen 8. März eingeführt wurde.

Gute Frauen Mutterkreuze, schlechte Frauen schwarzer Winkel
Immer noch ein gültiger Grund auf den Staat zu pinkeln
Warum hat denn niemand dieses Patriarchat zerbombt?
Sookee

Doch der 8. März ist nicht einfach nur ein Feiertag. Der 8. März ist unser Kampftag! Ein Kampftag nicht nur für cis Frauen, sondern für alle, die unter dem hetero-cis-normativen Patriarchat leiden: trans und gender-non-conforme Menschen, nicht-binäre und inter Personen, Menschen, die agender oder genderfluid sind und eben auch cis Frauen.

So gehen heute, wie seit über einem Jahrhundert, weltweit jährlich Feminist*innen am 8. März im gemeinsamen Kampf gegen Sexismus und Patriarchat, Gewalt und Herrschaft auf die Straße!

In Mexico City zum Beispiel finden jährlich Großdemos statt. Gegen diese lässt der vermeintlich progressive Präsident Amlo aus Angst vor Riots große Stahl-Mauern um seinen Nationalpalast errichten und setzt eine „all-female police force“ gegen die Demo ein. Die mexikanischen Feminist*innen lassen sich davon nicht einschüchtern und protestieren dort teilweise bewaffnet mit Molotovs, Baseball-Schlägern, Hämmern, Feuerwerkskörpern und Feuerlöschern. Sie lassen sich nicht damit abspeisen, dass nun Frauen in Regierungspositionen sitzen. Sondern sie machen deutlich: Amlo wird nicht verziehen, dass er Vergewaltiger schützt und nichts gegen die jährlich über 1000 Feminizide in Mexiko unternimmt!

Auch in Pakistan demonstrieren jährlich Feminist*innen. Trotz Todesdrohungen, trotz dessen, dass sie auf der Demo von Islamisten mit Steinen beschmissen werden und der Staat unter dem Motto „Hijab-Day“ Gegenveranstaltungen zum feministischen Kampftag organisiert.

In Rojava wird der 8. März gefeiert. Er ist aber nicht nur ein Feiertag, er ist Kampftag, weil jeder Tag dort ein feministischer Kampftag ist, weil jeden Tag offener Kampf gegen das Patriarchat und für die Revolution geführt wird.

Und so sind wir überzeugt: Das, was ist, kann überwunden werden und neue, befreite Verhältnisse sind möglich! Wir geben uns nicht zufrieden! Geschlecht ist nicht binär, und noch dazu ist es überwindbar! Materielle Verhältnisse sind änderbar, das kapitalistische Patriarchat lässt sich abschaffen!
Es ist an uns, die Schritte in Richtung Emanzipation zu gehen, die Revolution zu erkämpfen!

Deshalb: Anarchafeminismus!