Gegen fundamentalistische Würgegriffe!

Gegen fundamentalistische Würgegriffe!

Seit Monaten verhandelt die Stadt Marburg über die Nutzung und den Verkauf der seit Jahrzenten leerstehenden und baufälligen Lockschuppen. Seitdem gab es mehrere Treffen, bei dem sich klar kristallisierte, dass der lokale „Christus-Treff“1 diese Räumlichkeiten für sich nutzen möchte um daraus einen „Knotenpunkt des CT“2 zu errichten.

Doch was ist der Christus-Treff überhaupt?

Der Christus-Treff ist eine fundamentalististische Gemeinde, welche sich durch ein konservatives Geschlechterbild und die Abwertung von LGBTQI* (LesbianGayBiTransQueerInter*) auszeichnet.

Dies wird zum Beispiel an einem ihrer CT-Ratsleiter, namentlich Roland Werner, deutlich3: Werner selbst bezeichnet sich als „geheilten Homosexuellen“ und schrieb mehrere Bücher über die „Ex-Gay-Bewegung“4, womit er Begehren jenseits der Heterosexuellen Norm als Krankheit abwertet. Desweiteren organisierte er in der Vergangenheit „Seminare zur homosexuellen Umpolung“5 und arbeitet seit ein paar Jahren als Honorarprofessor an der Evangelischen Hochschule Tabor in Marburg6.

Bisher gab es von Seiten des Christus-Treffs keine öffentliche Distanzierung zu dieser Person. Bei ihren befreundeten Organisationen zählen sie zudem unter anderem das „Christival“ und „die Ökumenische Kommunität Offensive Junge Christen“ auf7. Das „Christival“ geriet schon 2008 in Kritik, weil diese Homosexualität pathologisieren und dort Kuren für Homosexuelle angeboten wurden8. Im Zuge dessen bildete sich ein emanzipatorisches NoChristival-Bündnis9 mit darauf folgenden Protesten10. Auch die „Offensiven Jungen Christen“ gerieten mehrere Male in die Schlagzeilen, weil sie Homosexuellenfeindliche und anti-feministische Weltbilder vermitteln11.

Der Christus-Treff selbst besitzt nach eigenen Angaben folgende Räumlichkeiten in Marburg „Das ChristHaus in Marburg, […] das Begegnungszentrum „CON:TEXT“ in Marburgs Oberstadt, das CT-Haus Steinweg 12, viele Wohn- und Hausgemeinschaften“12 und außerdem weitere Räumlichkeiten in anderen Städten.

Es lässt sich durch Recherche klar erkennen, dass sie über eine große Menge an Personal und finanziellen Möglichkeiten verfügen und gut vernetzt zu sein scheinen. Aufgrund dieser Tatsachen haben sie überhaupt die Kapazitäten den Lockschuppen mit mehr als 2 Millionen Euro kaufen zu wollen um ein weiteres Gebäude zu besitzen wo sie Menschen religiös indoktrinieren und somit ihre Vormachtsstellung in Marburg weiter ausbauen können.

Der Christus-Treff hat nach den letzten größeren Protesten im Jahre 2009, welche in Marburg im Zuge des „Internationalen Kongresses für Psychotherapie und Seelsorge“ mit selbsternannten „Homoheilern“ stattfand13, verstanden, dass fundamentalistische Sichtweisen hier nicht unkommentiert bleiben. Es gilt jetzt, ihnen diese Tatsache auch weiterhin zu verdeutlichen!

Nein, es bleibt dabei: Gegen Staat, Nation, Kapital, Patriarchat und religiösen Fundamentalismus!

Trotz steigender Mieten, Gentrifizierung und fehlender sozialer Jugendräume schafft es also eine fundamentalistische Gemeinde sich solche Räumlichkeiten anzueignen. Dies bringt uns zu einem weiteren kritisierenswerten Faktor: Nämlich die SPD Marburg und ihre Stadtpolitik.

SPD=Sozial? Fehlanzeige!

Die SPD Marburg mit ihrem Oberbürgermeister Thomas Spies hat für den Haushaltsplan 2017 beschlossen, die freiwilligen sozialen Leistungen der Stadt um 12 % zu kürzen14. Im Konkreten bedeutet dies, dass kulturelle und soziale Angebote wie das Trauma im G-Werk bis zu Ganztagsangeboten von Schulen und Jugendhilfe massiv von finanziellen Kürzungen betroffen sind. Nachfolgende Proteste scheinen der SPD relativ egal zu sein, an ihrer Entscheidung hat sich schlussendlich nicht viel geändert15. Die SPD, welche bei den Gesprächen und der Vergabe der Lockschuppen eine wichtige Rolle spielen, werden wahrscheinlich erneut enttäuschen. Warum sollte eine Partei, welche solche drastischen Kürzungen innerhalb der Stadtpolitik vornimmt, diese Räumlichkeiten für emanzipatorische Projekte zur Verfügung stellen anstatt auf den größtmöglichen Profit zu spekulieren.

Neben den beschriebenen Kürzungen ist in Marburg eine Gentrifizierung sondergleichen zu erleben: Mietpreise steigen weiter an, alternative Hausprojekte wie die KAUZ werden plattgemacht und einer der einzigen Jugendräume wie das „Cafe Compass“ könnten in den nächsten Jahren verschwinden16.

Alternativen?

Wir brauchen keine weiteren religiös-fundamentalistischen Strukturen, wir brauchen linke Freiräume! Diese regressive Stadtplanung ist aber ausschlaggebend für das gesellschaftliche Zusammenleben in Marburg in den nächsten Jahren. Wenn wir dem nichts entgegensetzen werden die letzten verbliebenden emanzipatorischen Projekte in Marburg bald verschwinden. Freiräume müssen erkämpft und verteidigt werden damit überhaupt eine solidarisch-progressive Politik möglich wird.

Deswegen rufen wir dazu auf an der Demonstration „Kein Raum für Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus“ am 27.06.17 um 16 Uhr, Startpunkt Elisabeth-Blochmann-Platz, teilzunehmen!

Kein Gott, Kein Patriarchat, Kein Mietvertrag!

Für ein freies Leben ohne Autorität und religiösen, anti-emanzipatorischen Wahn!

Link zur Kampagne: http://noplace.blogsport.de/ _________________________________________________________

2http://www.op-marburg.de/Lokales/Marburg/Aus-der-Kernstadt/Jetzt-spricht-der-Christus-Treff

3http://www.christus-treff-marburg.de/ueber-den-ct/leitung/

4https://gaywest.wordpress.com/2010/07/07/roland-und-die-hand-gottes/#more-12575

5http://www.taz.de/!5164518/

6https://www.eh-tabor.de/de/werner

7http://www.christus-treff-marburg.de/partner/zusammenarbeit/

8http://www.taz.de/!5180197/

9http://www.queer.de/detail.php?article_id=8678

10http://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/christen-kongress-gott-heult-mit-dir-a-551264.html

11https://www.welt.de/politik/article3567654/Evangelikale-wollen-Schwule-jetzt-heilen.html

12http://www.christus-treff-marburg.de/ueber-den-ct/ueber-uns/

13http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/kongress-in-marburg-massive-kritik-am-auftritt-von-homoheilern-a-619571.html

14http://www.op-marburg.de/Lokales/Marburg/Aus-der-Kernstadt/Widerstand-gegen-Kuerzungen-waechst

15http://www.op-marburg.de/Lokales/Marburg/Aus-der-Kernstadt/500-demonstrieren-gegen-Sozialkuerzungen

16 http://www.op-marburg.de/Lokales/Marburg/Sorge-um-die-Zukunft-des-compass